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Am 14. Juni 2023 beschloss der Stadtrat von Meckenheim rückwirkend eine erhebliche Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B von 571 Prozentpunkten auf 850 Prozentpunkte, gültig ab dem 1. Januar 2023. Ende Juli 2023 verteilte die Stadt die aktualisierten Grundbesitzabgabenbescheide an die Bürgerinnen und Bürger. Für das Jahr 2024 folgte eine weitere Erhöhung auf 895 Prozentpunkte. Diese drastischen Anhebungen sind das Resultat einer verfehlten Finanzpolitik der vergangenen Jahre.
Während im Unternehmerpark Kottenforst bis zu diesem Zeitpunkt lediglich vier Grundstücke verkauft wurden, konnte die Nachbargemeinde Rheinbach mit ihrem florierenden Gewerbegebiet Wolbersacker erhebliche Steuereinnahmen verzeichnen. Zugleich investierte Meckenheim in fragwürdige Projekte, wie die Subventionierung von Saunabesuchen oder die Anschaffung von Pflanzenkübeln im Wert von 86.000 Euro. Auch die Bewilligung von 18 neuen Personalstellen wurde in einer Zeit von Inflation und knappen Kassen – der städtischen als auch privater – nicht kritisch genug hinterfragt.
Viele Bürgerinnen und Bürger Meckenheims erfuhren Ende Juli 2023 zum ersten Mal mit dem Grundbesitzabgabenbescheid über die zusätzliche Belastung.
Besonders für Mieter wurde das Ausmaß dieser Erhöhung erst Anfang 2024 mit den Nebenkostenabrechnungen spürbar. Die erhöhte Grundsteuer kann zu 100 Prozent auf die Mieter umgelegt werden, was zusammen mit den steigenden Energiepreisen die Mietkosten für das Jahr 2024 erheblich in die Höhe trieb. Viele Haushalte sahen sich gezwungen, den Gürtel noch enger zu schnallen, um die zusätzlichen Belastungen neben den ohnehin hohen Lebenshaltungskosten stemmen zu können.
Bereits im Vorfeld hatten sich SPD, BfM und UWG während der Haushaltsberatungen gegen eine Erhöhung der Grundsteuer ausgesprochen. Ein ständiger Streitpunkt war, inwieweit Meckenheim durch einen nicht ausgeglichenen Haushalt und die mögliche Rückkehr ins Haushaltssicherungsverfahren seine finanzielle Handlungsfreiheit verlieren könnte.
Die CDU argumentierte, dass die meisten konstruktiven Vorschläge zur Haushaltskonsolidierung von ihrer Fraktion, den Grünen und der Verwaltung kamen. Die FDP behauptete, dass sie die wesentlichsten Vorschläge gemacht hätten. Fakt ist, dass die meisten Anregungen, die sich auf der Änderungsliste mit mehr als 100 Punkten finden, von der Verwaltung kamen. CDU und Grünen hatten im Gegensatz zu den anderen Parteien die meisten Vorschläge unterbreitet. Aber auch FDP und UWG haben einige Änderungsvorschläge eingebracht. Keinen formellen Änderungsantrag zum Haushaltsentwurf haben SPD und BfM formuliert, was die CDU scharf kritisierte.
SPD, BfM und UWG hielten dem entgegen, dass Meckenheim auch während des Haushaltssicherungsverfahrens, in dem sich die Stadt seit 2016 befindet, durchaus Spielräume hatte und sich in den letzten Jahren dennoch positiv entwickelt habe. Zudem wurde bemängelt, dass der Haushaltsplan nicht fristgerecht vorgelegt wurde.
CDU und Grüne wollten die finanzielle Handlungsfähigkeit zurück und mit der Grundsteuererhöhung den restlichen Fehlbetrag decken, die alle Bürger gleichermaßen belastet, statt einzelne Gruppen wie Familien stärker zur Kasse zu bitten.
Am 14. Juni 2023 wurde der Haushaltsentwurf schließlich mit einer deutlichen Mehrheit von 24 Ja-Stimmen (CDU, Grüne, FDP) und 16 Nein-Stimmen (SPD, BfM, UWG) verabschiedet. Das Votum zur Erhöhung der Grundsteuer fiel nahezu identisch aus.
Auch der Bund der Steuerzahler (BdSt) NRW äußerte sich besorgt über die massiven Grundsteuererhöhungen in Meckenheim und empfahl den Ratsmitgliedern dringend:
- alle Einsparvorschläge umzusetzen und weitere Sparmöglichkeiten zu suchen,
- Hebesätze nur als letztes Mittel zu erhöhen und schnellstmöglich wieder zu senken,
- die Bürger auf dem Weg zur Haushaltskonsolidierung mitzunehmen,
- Prioritäten bei den Investitionen zu setzen,
- die Verschuldung zu senken.
In der Ratssitzung vom 06.09.2023 hatte die UWG beantragt, die bereits beschlossene Grundsteuererhöhung im Jahr 2024 zurückzunehmen.
Doch CDU, Teile der Grünen und die FDP stimmten in einer namentlichen Abstimmung mit 19 zu 17 Stimmen dagegen.
Die Verteilung der überarbeiteten Grundbesitzabgabenbescheide Ende Juli 2023, die die rückwirkende Erhöhung des Hebesatzes beinhalteten, stieß bei vielen Bürgern auf großes Unverständnis. Besonders verärgerte Bürger erhielten als Antwort auf ihre Widerspruchsschreiben lediglich einen Serienbrief der Kämmerin, was den Unmut weiter anheizte.
Am 25. Oktober 2023 versammelten sich über 1.000 Meckenheimerinnen und Meckenheimer vor dem Rathaus Meckenheim zu einer lautstarken Demonstration gegen die Grundsteuererhöhung.
Sie machten dem Stadtrat deutlich, dass sie mit der aktuellen Finanzpolitik nicht einverstanden sind und solche Erhöhungen künftig nicht mehr stillschweigend hinnehmen werden.
Auch dass die Antwort der Kämmerin auf die Aufrechterhaltung der Widersprüche erneut mit einem Serienbrief beantwortet wurde, empfanden viele als unangemessen und respektlos. Die Demonstration verdeutlichte den Unmut in der Bürgerschaft und die Forderung nach mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung bei finanzpolitischen Entscheidungen.
Quellen:
Generalanzeiger Bonn vom 22.01.2024:
https://ga.de/region/sieg-und-rhein/siegburg/landrat-sebastian-schuster-im-interview-ueber-bonn-und-die-region_aid-105434377
Generalanzeiger Bonn vom 10.01.2024:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/diese-geldfragen-werden-meckenheim-2024-umtreiben_aid-104777005
Generalanzeiger Bonn vom 07.01.2024:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/alfter/rhein-sieg-kreis-wie-kann-der-haushalt-ausgeglichen-werden_aid-104491569
Generalanzeiger Bonn vom 28.12.2023:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/immobilien-in-alfter-hausbesitzer-wegen-steuern-wuetend_aid-104062875
Generalanzeiger Bonn vom 15.12.2023:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/sauna-in-meckenheim-ueberraschende-wendung-im-saunastreit-v1_aid-103312403
Generalanzeiger Bonn vom 14.11.2023:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/grundsteuer-in-meckenheim-nach-protesten-bezieht-buergermeister-stellung_aid-101399141
Generalanzeiger Bonn vom 08.11.2023:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/meckenheim-so-koennte-politik-transparenter-werden_aid-101016967
Generalanzeiger Bonn vom 31.10.2023:
https://ga.de/news/politik/deutschland/rhein-sieg-kreis-grundsteuer-steigt-in-vielen-nrw-staedten-v2_aid-100563353
Generalanzeiger Bonn vom 26.10.2023:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/kundgebung-meckenheimer-pfeifen-ihren-buergermeister-aus_aid-100234517
Generalanzeiger Bonn vom 26.10.2023:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/grundsteuererhoehung-hunderte-meckenheimer-protestieren_aid-100194847
Kölnische Rundschau vom 26.10.2023:
https://www.rundschau-online.de/region/bonn/meckenheim/meckenheim-demo-gegen-steuererhoehungen-vor-dem-rathaus-671866
Blick aktuell vom 10.10.2023:
https://www.blick-aktuell.de/Politik/Protestkundgebung-gegen-Steuererhoehung-567320.html
Kölnische Rundschau vom 06.10.2023:
https://www.rundschau-online.de/region/bonn/meckenheim/meckenheim-demo-gegen-steuererhoehung-geplant-660413
WDR Lokalzeit vom 05.10.2023:
https://www1.wdr.de/mediathek/grundsteuer-steigt-in-niederkassel-auf-historisch-hohen-wert-100.html
Generalanzeiger Bonn vom 04.10.2023:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/grundsteuer-jetzt-wollen-auch-meckenheimer-demonstrieren_aid-98853401
Generalanzeiger Bonn vom 04.10.2023:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/meckenheim-wie-das-gruene-gewerbegebiet-floppt_aid-98763945
Generalanzeiger Bonn vom 26.09.2023:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/grundsteuerstreit-in-meckenheim-was-stimmt-wer-hat-recht_aid-98338169
Generalanzeiger Bonn vom 08.09.2023:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/grundsteuer-erhoehung-zuruecknehmen-uwg-meckenheim-scheitert_aid-97267261
Ratsinformationssystem der Stadt Meckenheim (Ratssitzung vom 06.09.2023):
http://session.meckenheim.de/bi/si0057.asp?__ksinr=3886
Generalanzeiger Bonn vom 25.08.2023:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/meckenheims-buergermeister-stellt-sich-veraergerten-anwohnern_aid-96361761
Generalanzeiger Bonn vom 23.08.2023:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/steuerstreit-in-meckenheim-uwg-fordert-neuen-ratsbeschluss_aid-96223401
Generalanzeiger Bonn vom 19.08.2023:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/aerger-in-meckenheim-petition-gegen-steuererhoehung-gestartet_aid-95920087
FDP zum Doppelhaushalt 2023/24 der Stadt Meckenheim vom 17.08.2023:
https://fdp-meckenheim.de/fdp-vor-ort/aktuelles-der-fdp-meckenheim/details/fdp-zum-haushalt-der-stadt-meckenheim.html
Generalanzeiger Bonn vom 08.08.2023:
https://ga.de/news/politik/deutschland/grundsteuer-in-bonn-und-region-meckenheim-besonders-teuer_aid-95310965
Generalanzeiger Bonn vom 21.07.2023:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/meckenheim-bund-der-steuerzahler-kritisiert-erhoehungen_aid-94023395
BdSt-Schreiben an die Ratsmitglieder 14.07.2023:
https://www.steuerzahler.de/aktuelles/detail/steuererhoehung-darf-nur-das-letzte-mittel-sein/
Kölnische Rundschau vom 14.07.2023:
https://www.rundschau-online.de/region/bonn/meckenheim/meckenheimer-etat-steuererhoehungen-sind-der-falsche-weg-610338
Generalanzeiger Bonn vom 20.06.2023:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/so-tief-spaltet-der-geld-streit-die-politik-in-meckenheim_aid-92471295
BfM zum Doppelhaushalt 2023/24 vom 16.06.2023:
https://www.xn--brger-fr-meckenheim-59bg.de/index.php/mitteilungen/presse/bfm-lehnt-haushaltsentwurf-2023-2024-ab
Grüne zum Doppelhaushalt 2023/24 der Stadt Meckenheim vom 15.06.2023:
https://gruene-meckenheim.de/handlungsfaehigkeit-erhalten-um-zukunft-zu-gestalten/
Generalanzeiger Bonn vom 15.06.2023:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/warum-die-sauna-in-meckenheim-doch-nicht-teurer-wird-obwohl-alle-das-wollten_aid-92320669
UWG zum Doppelhaushalt 2023/24 vom 14.06.2023:
https://uwg-meckenheim.com/.cm4all/uproc.php/0/Fraktionsarbeit/Haushaltsrede_UWG_2023.pdf?cdp=a&_=188fc5a66b8&cm_odfile
Ratsinformationssystem der Stadt Meckenheim (Ratssitzung vom 14.06.2023):
https://sessionnet.krz.de/meckenheim/bi/si0057.asp?__ksinr=3951
CDU zum Doppelhaushalt 2023/24 der Stadt Meckenheim vom 18.05.2023:
https://www.cdu-meckenheim.de/artikel/haushalt-viel-sparen-und-lasten-gerecht-verteilen
Generalanzeiger Bonn vom 16.05.2023:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/meckenheim-erhoeht-die-steuern-was-das-die-buerger-kostet_aid-90406897
Generalanzeiger Bonn vom 26.04.2023:
https://ga.de/region/sieg-und-rhein/sankt-augustin/rhein-sieg-kreis-mehr-ausgaben-nach-tarifeinigung_aid-89203467
Generalanzeiger Bonn vom 18.04.2023:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/meckenheim-stadt-will-gebuehren-erhoehen-preis-fuer-schwimmbad_aid-88685963
Generalanzeiger Bonn vom 03.04.2023
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/meckenheimer-cdu-rechnet-mit-steuererhoehunen_aid-87651975
Generalanzeiger Bonn vom 21.03.2023
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/finanznot-in-meckenheim-was-fuer-buerger-teurer-werden-koennte_aid-86695983
Generalanzeiger Bonn vom 18.02.2023
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/rheinbach/die-steuern-in-rheinbach-werden-nicht-erhoeht_aid-85124535
Den Brief haben wir auch erhalten, obwohl wir den Widerruf nicht aufrecht erhalten habe 😉
Ich möchte darauf hinweisen, dass nicht nur Grundstückseigentümer betroffen sind, sondern infolge der Umlagefähigkeit der Grundsteuer auch alle Mieterinnen und Mieter. Für uns bedeutet das, dass die NK Vorauszahlung (und damit die „Miete“ mal eben nun um 50 Euro erhöht wird. Das ist natürlich nachvollziehbar, denn aktuell bedeutet die rückwirkende Grundsteuererhöhung für das vergangene Jahr eine NK-Nachzahlung von 600 Euro.
Mieter und Mieterinnen haben dabei nicht einmal die Möglichkeit, den Rechtweg gegen die Grundsteuererhöhung zu gehen, sie sind insoweit abhängig vom Verhalten des Vermieters.
Sind seitens der BI oder Einzelner eigentlich weitere Maßnahmen Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens geplant? Soll Klage erhoben werden? Ich habe Zweifel an der Rechtmäßigkeit – insbesondere die Höhe betreffend, aber auch die Rückwirkung. Auch das Argument der Ungleichbehandlung der Gewerbebetriebe und der Privateigentümer scheint mir nicht ausgeräumt.
Hallo Frau Pauly,
ein absolut berechtigter Hinweis von Ihnen, auf den wir bereits vor der Demonstration gegen die Grundsteuererhöhung immer wieder hingewiesen hatten.
(siehe auch: https://bi-meckenheim.de/demonstration-gegen-die-grundsteuererhoehung-in-meckenheim-vom-25-10-2023/ – vorletzter Absatz).
Leider sahen sich zu diesem Zeitpunkt viele Mieter noch nicht betroffen. Wir hatten aber bereits direkt nach der Demonstration vermutet, dass viele Bürgerinnen und Bürger „wach werden“, wenn die ersten Nebenkosten „ins Haus flattern“.
Wir hatten gehofft, dass die politischen Parteien und die Verwaltung unsere Demonstration gegen die Grundsteuererhöhung als Anlass nehmen, endlich transparente und bürgernahe Politik zu betreiben. Jedoch auch Monate nach der Demonstration ist davon nicht viel zu spüren.
Die anfänglichen Zugeständnisse verhallen und statt zu sparen werden immer größere Anschaffungen getätigt, während man mögliche Einnahmequellen (https://bi-meckenheim.de/unternehmerpark-kottenforst/) nicht intensiv verfolgt.
Sofern der Ruf der Bürgschaft nach einer weiteren Demonstration lauter werden sollte, stellen wir uns als Organisator natürlich gerne zur Verfügung.
Nach unserer Einschätzung hätte der Weg über eine Klage nur geringe Erfolgschancen. Im Falle einer Niederlage wären die Anwalts- und Gerichtskosten enorm hoch. Dies kann sich die Bürgerinitiative Meckenheim finanziell nicht leisten.