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Große Vision – schwache Umsetzung
2010 fasste die Stadt Meckenheim einen weitreichenden Beschluss: Mit dem 45 Hektar großen Unternehmerpark Kottenforst wollte man ein zukunftsfähiges, nachhaltiges Gewerbegebiet schaffen. Die verkehrsgünstige Lage direkt an der A565 und die Nähe zur Bonner Forschungslandschaft galten als ideale Voraussetzungen.
Damals war man überzeugt: Die Unternehmen würden Schlange stehen.
Heute – 14 Jahre später – ist davon wenig zu sehen. Seit der Erschließung im Jahr 2019 haben sich dort gerade einmal vier Unternehmen angesiedelt (Stand: 10.06.2025). Der Großteil der Fläche ist unbebaut, wertvolle Steuereinnahmen bleiben aus – obwohl die Meckenheimer Stadtkasse leer ist und die Grundsteuern für die Bürger steigen.
📉 Was schiefläuft, wer Verantwortung trägt und was sich ändern muss – das lesen Sie in unserer Analyse.
Für die ausführliche Version zum Thema Unternehmerpark Kottenforst hier ausklappen
Ein Vergabekonzept mit Abschreckungspotenzial
Die Ursachen liegen nicht allein, wie von der Stadtverwaltung regelmäßig betont, in „Wirtschaftskrise, Pandemie oder Investitionszurückhaltung.“
Tatsächlich ist es das Vermarktungskonzept selbst, das Unternehmen abschreckt. Es stammt aus einer Zeit, in der man wirtschaftlich optimistischer war und Investitionen in Nachhaltigkeit leichter tragbar erschienen. Doch nach Corona, Energiekrise und Ukrainekrieg haben sich die Prioritäten vieler Unternehmen verschoben.
Die größten Hemmnisse im Überblick:
- Für die Bewerbung ist ein komplettes Architektenkonzept Pflicht – Kostenpunkt: ca. 30.000 €. Eine Ideenskizze genügt nicht.
- Nachhaltige Holzbauweise ist verpflichtend – technisch und finanziell für viele Mittelständler nicht tragbar.
- Banken bewerten Holzbauprojekte schlechter, was die Finanzierung zusätzlich erschwert.
- Bevorzugung von Mitgliedern des Vereins „Bio Innovation Park Rheinland“, dessen Vorsitz der frühere Bürgermeister, Bert Spilles, innehat – und der das Konzept einst mitentwickelte.
📄 Kriterienkatalog zur Vergabe (PDF)
Was Unternehmer sagen – und was die Verwaltung nicht tut
Die Firma BonnTech, die sich 2025 trotz aller Hürden im Unternehmerpark ansiedelte, berichtete im General-Anzeiger von „nervenaufreibenden Verfahren“. Geschäftsführer Herr Schäfer kritisierte ausdrücklich das Maß an Bürokratie.
Auch der Geschäftsführer, der Josef Küpper Söhne GmbH sprach im WDR-Interview vom 21.10.2024 von überzogenen Auflagen, die Investoren abschrecken.
Und die Stadtverwaltung?
- Die zuletzt kommunizierte Vermarktungsquote von 65 % (April 2024) ist nicht nachvollziehbar und offensichtlich geschönt.
- Ein Interview mit dem WDR wurde mit der Begründung abgelehnt, es sei „bereits ausreichend berichtet worden“.
- Eine echte Aufklärung über Verkaufsstände blieb bislang aus.
Die Erschließungskosten des Unternehmerparks Kottenforst in Meckenheim beliefen sich auf insgesamt etwa 13,4 Millionen Euro. Diese Investition wurde von der Stadt Meckenheim getragen und umfasst infrastrukturelle Maßnahmen wie Straßenbau, Entwässerung, Versorgung mit Wasser, Strom, Gas sowie die Anbindung an das Glasfasernetz. Die Erschließungsarbeiten wurden im Jahr 2019 abgeschlossen.
Der Verkaufspreis für die Grundstücke im Unternehmerpark wurde vom Rat der Stadt Meckenheim auf 110,00 €/m² festgelegt. Dieser Preis beinhaltet bereits die Erschließungskosten – jedoch ohne die Hausanschlusskosten.
Was bedeutet das für die Bürgerinnen und Bürger?
Die jahrelange Misswirtschaft hat konkrete Auswirkungen:
- Gewerbesteuereinnahmen entgehen der Stadt – Einnahmen, die dringend nötig wären.
- Höhere Grundsteuern für Bürgerinnen und Bürger zur Deckung der Haushaltslöcher.
- Wirtschaftliche Chancen werden verspielt – ebenso wie Vertrauen in die Stadtpolitik.
🛑 Was die Politik (nicht) tut
CDU und SPD äußern sich inzwischen öffentlich zu den Problemen – allerdings ohne erkennbare Wirkung.
CDU-Fraktionsvorsitzender Rainer Friedrich sagte im WDR (21.10.2024):
„So da muss man klar sagen, da muss jetzt dran gearbeitet werden.“
SPD-Fraktionschef Stefan Pohl ergänzte:
„Das können wir keinem Meckenheimer erklären, der sagt, warum ich denn jetzt mehr Grundsteuer B bezahlen …“
Trotz dieser Aussagen fehlt es an klaren Maßnahmen. Ein echter politischer Wille zur Veränderung ist bislang nicht erkennbar.
Auch die übrigen Fraktionen – FDP, Grüne, UWG, BfM – haben sich dem Thema gewidmet und stellenweise Vorschläge gemacht. Doch: Keiner dieser Vorschläge führte bislang zu beschlussfähigen Initiativen, die die zentrale Ursache – das realitätsferne Vergabekonzept – gezielt beseitigen würden.
Eine grundlegende Überarbeitung des Kriterienkatalogs, transparente Datenaufbereitung oder ein Dialog mit gescheiterten Bewerbern? Fehlanzeige!
Alle Fraktionen tragen Verantwortung – auch durch Unterlassen. Wer sich mit Verwaltungsantworten zufriedengibt oder bloß auf kommende Haushaltsdebatten verweist, lässt wertvolle Zeit und Steuereinnahmen verstreichen.
Bisher beschränkte sich die politische Aktivität vielfach darauf, sich geschönte Zahlen präsentieren zu lassen – ohne kritisch nachzufragen oder eigene Erkenntnisse einzubringen.
Im folgenden Video stellen wir Ihnen das Konzept des Unternehmerparks Kottenforst kurz vor und beleuchten, welche Fraktion – mit Stand 05.05.2024 – bereits etwas zur besseren Vermarktung unternommen hat. Abschließend schauen wir, was die Verwaltung zu einer Konzeptänderung sagt.
Schaufensterpolitik im Bürgerdialog
Wie groß die Diskrepanz zwischen öffentlichen Ankündigungen und tatsächlichem Handeln ist, zeigt ein Beispiel vom März 2025:
Beim CDU-„Bürgerdialog Haushalt 2025/2026“ wurde diskutiert, den Unternehmerpark in ein Gewerbe- oder Industriegebiet umzuwandeln. CDU-Chef Friedrich kündigte an, eine Anfrage an die Verwaltung stellen zu wollen: „Aber die Überlegungen nehmen wir nochmal mit und stellen eine Anfrage an die Verwaltung, welche Konsequenzen eine Veränderung hätte und was das alles bedeutet.“
Doch in der CDU-Pressemitteilung vom 15.03.2025 wurde daraus plötzlich (Quelle: Blick aktuell, 15.03.2025, Seite 12): „Die CDU hält eine Umwandlung nicht für möglich und möchte am Konzept im Wesentlichen festhalten.“
Von der angekündigten Anfrage? Keine Spur.
✅ Was jetzt dringend passieren muss
- Offene Ursachenanalyse – auf Basis transparenter, nachvollziehbarer Daten.
- Anpassung des Kriterienkatalogs an aktuelle wirtschaftliche Realitäten.
- Politik mit Rückgrat – kritisches Nachfragen statt Wiederholen von Verwaltungsfloskeln.
- Einbindung der Unternehmen – auch derer, die sich bewusst gegen Meckenheim entschieden haben.
- Bürokratieabbau – damit Investitionen endlich realistisch werden.
Denn hier geht es nicht nur um ungenutzte Flächen –
es geht um die wirtschaftliche Zukunft der Stadt.
Wer weiter zuschaut, statt zu handeln, macht sich mitverantwortlich.
Wir bleiben weiter für Sie an diesem Thema dran und werden aktuell berichten.
Quellen:
General-Anzeiger Bonn vom 20.07.2021:
https://ga.de/news/wirtschaft/regional/bio-innovation-park-rheinland-will-naechste-stufe-zuenden_aid-61629605
General-Anzeiger Bonn vom 13.10.2021:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/meckenheim-kuepper-stellt-erstes-energieautarkes-industriegebaeude-vor_aid-63428607
General-Anzeiger Bonn vom 28.10.2021:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/rheinbach/fachtagung-in-rheinbach-befasst-sich-mit-holzbau_aid-63756737
General-Anzeiger Bonn vom 07.03.2022:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/rasting-plant-co2-neutralen-neubau-in-meckenheim_aid-66912701
General-Anzeiger Bonn vom 23.10.2022:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/eroeffnung-der-grosskueche-von-aubergine-und-zucchini_aid-78703945
General-Anzeiger Bonn vom 02.01.2023:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/meckenheim-experimentelles-biogebaeude-bekommt-gesellschaft_aid-81651247
General-Anzeiger Bonn vom 25.08.2023:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/meckenheims-buergermeister-stellt-sich-veraergerten-anwohnern_aid-96361761
General-Anzeiger Bonn vom 04.10.2023:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/meckenheim-wie-das-gruene-gewerbegebiet-floppt_aid-98763945
Bonner Rundschau vom 02.11.2023:
https://www.rundschau-online.de/region/bonn/meckenheim/meckenheim-wasserstoff-tankstelle-im-industriepark-676051?fbclid=IwAR1AfnlzvC3OnJfA1tMls-LCTcPRRxZDUJ2iQlyxTRU-XQ7G1gZcVvC58Qk
Regionalverkehr Köln GmbH via Facebook vom 06.11.2023:
https://www.facebook.com/reel/825344796032567
General-Anzeiger Bonn vom 16.11.2023:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/wasserstofftankstelle-in-meckenheim-geplant-kottenforst_aid-101520691
Newsletter der Wirtschaftsförderung Meckenheim 5 /2023:
https://www.xn--wirtschaftsfrderung-meckenheim-48c.de/wp-content/uploads/2023/12/231201_Newsletter_5-2023.pdfww.xn--wirtschaftsfrderung-meckenheim-48c.de/wp-content/uploads/2023/12/231201_Newsletter_5-2023.pdf
General-Anzeiger Bonn vom 01.02.2024:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/rheinbach/rheinbacher-haushalt-budgets-fuer-hoch-und-tiefbau_aid-106189059?fbclid=IwAR0E8v-eBPDCLPtZ_Eg5ZmOwus4QKvY9mptSg3v5uFawQtz-FkiXQ0JI2uM
Webseite electrive vom 07.03.2024:
https://www.electrive.net/2024/03/07/nrw-foerdert-sieben-h2-tankstellen-fuer-schwere-nutzfahrzeuge
Haupt- und Finanzausschuss vom 10.04.2024 (Präsentation Vermarktung und Ansiedlungskriterien Unternehmerpark):
https://sessionnet.owl-it.de/meckenheim/bi/getfile.asp?id=140828&type=do
General-Anzeiger Bonn vom 08.05.2024:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/wirtschaftsfoerderer-warum-meckenheim-unterschaetzt-wird_aid-112252255
General-Anzeiger Bonn vom 27.09.2024:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/so-bewerten-unternehmen-in-meckenheim-ihre-stadt_aid-119402477
WDR Lokalzeit Bonn vom 21.10.2024:
https://www1.wdr.de/lokalzeit/fernsehen/bonn/problemfall-gewerbepark-meckenheim-100.html
General-Anzeiger Bonn vom 29.11.2024:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/baubeginn-fuer-wasserstoff-tankstelle-in-meckenheim_aid-121576161
Newsletter der Wirtschaftsförderung 4 /2024 vom 29.11.2024:
https://www.meckenheim.de/imperia/md/content/cms117/pdf/wirtschaftsfoerderung/newsletter/wirtschaftsnewsletter_04_2024.pdf
Blick-Aktuell vom 15.03.2025 (Ausgabe für Meckenheim)
https://epaper.blick-aktuell.de/?issueid=15318&pageno=12
General-Anzeiger Bonn vom 22.03.2025:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/meckenheim-leerstand-im-unternehmerpark-erregt-die-gemueter_aid-125484805
General-Anzeiger Bonn vom 11.04.2025:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/meckenheim-verdient-bio-ip-millionen-aber-zahlt-keine-pacht-v1_aid-126147215
General-Anzeiger Bonn vom 19.05.2025:
https://ga.de/region/voreifel-und-vorgebirge/meckenheim/meckenheim-bonntech-zieht-in-den-unternehmerpark-kottenforst_aid-127703569
Das Video ist wirklich sehr gut recherchiert. Der Bio Innovationspark Rheinland e. V. ist zudem kostenlos, also pachtfrei von der Stadt (Vorsitzender des e. V. ist der ehem. BM Bert Spilles) überlassen worden und muss eigentlich aus der zu vermarktenden Fläche noch herausgerechnet werden, da die Fläche ja eigentlich noch in dem aktuellen Vermarktungspool zum Verkauf stünde und erst Ende 2024 wieder frei verfügbar wäre. (zur Info: Dort stehen momentan noch die zu Forschungszwecken aufgebauten „Baumhäuschen“).
Fraglich ist zudem, ob man die Fläche aus dem 2. Bauabschnitt von Rasting tatsächlich zum Unternehmerpark Kottenforst dazurechnen dürfte, denn niemand weiß ja so genau, ob Rasting alle erforderlichen Anforderungs-Kriterien des Unternehmerparks erfüllt oder ob er nicht doch eher lieber konventionell baut. Dann wäre die Fläche definitiv raus aus der Betrachtung. Sie trotzdem dazuzurechnen und als bereits vermarktet auszuweisen, wäre dann lediglich eine Schönerung der bis dato katastrophalen Zahlen aus der Vermarktung.
Die Frage ist ja, wie jeder für sich „vermarktet“ definiert. Reservierte Flächen z.B. sehen wir eher als „nicht vermarktet“. Ob nun eine kostenlos überlassene Fläche auch als „vermarktet“ gilt, können wir nicht zu 100% sagen. Aber man sieht ja, dass wenn man diese dazu rechnet und die „nicht verfügbaren Flächen“ von der Gesamtnettofläche abzieht, kommt man noch nicht einmal in die Nähe der Zahlen, die der Bürgermeistr im August letzten Jahres publiziert hatte oder zuletzt den Ratsmitgliedern und der Bürgschaft präsentiert wurde.
Wie im Video erwähnt, war ja die Fläche von Rasting bei der ursprünglichen Entwicklung des Unternehmerparks Kottenforst bewusst nicht berücksichtig worden und allgemein spricht die Bürgschaft beim Unternehmerpark Kottenforst lediglich nur vom Bauabschnitt I.
Anderer Bauabschnitte oder sogar reservierte Flächen dazuzurechnen, geben kein ehrliches und transparentes Bild ab.
Am 30.8.23 hat die SPD schon eine Anfrage zur Vermarktung des Unternehmerpark Kottenforst gestellt, zu finden im Ratsinfo-System.
Diese Anfrage erfolgt als der BM bei einer Veranstaltung in Altendorf-Ersdorf von 20% Vermarktung sprach. Interessant in diesem Zusammenhang auch die Antwort der Verwaltung( 200.000qm Nettobaufläche 1. Bauabschnitt, zum Stichtag 30.8.23 circa 20.000 qm vermarktet. )
Ich habe in der Schule gelernt, dass dies 10% sind, vielleicht gibt es aber in Meckenheim eine andere Mathematik.
Die gleiche Frage stellte der GA dem Stabsstellenleiter Wirtschaftsförderung (GA vom 08.05.2024).
Seine Antwort darauf: „Die Frage bezog sich nur auf den ersten Bauabschnitt. Hier ist die vermarktbare Fläche aber eigentlich rund 50.000 Quadratmeter kleiner, wegen eines privaten Grundstücks innerhalb des Unternehmerparks, auf das wir noch keinen Zugriff haben. Außerdem gehören zum Unternehmerpark zwei weitere Bauabschnitte. Einer ist noch nicht erschlossen und verfügbar, der andere umfasst etwa 120.000 Quadratmeter Fläche, die wir an der Firma Rasting verkauft haben. Betrachtet man den gesamten Unternehmerpark und zieht die derzeit noch nicht vermarktbare Fläche ab, kommt man auf die genannten Zahlen.“
Ständig werden die Zahlen zwischen den Bauabschnitten vermischt. Und am Ende rechnet man sich alles so schön, dass die Bürgschaft hoffentlich denkt, wie hervorragend die Wirtschaftsförderung gearbeitet hat.
Dass dem nicht so ist, sieht man nicht nur an den freien Flächen im Unternehmerpark, sondern auch den Leerständen in den beiden Zentren Altstadt und Neuer Markt, sowie der Steuererhöhung, die nicht notwendig gewesen wäre, wenn man derartige Einnahmequellen besser vermarktetet hätte.